Samuel Eberenz und Nicole Blasko, Risk-Dialog Foundation
Am Dienstag, den 20. Mai, versammelte sich die CDR Swiss community zu einem aufschlussreichen Webinar, bei dem das Potential, die Politik und die ethischen Dimensionen von Methoden zur landbasierten CO2-Entnahme (CDR) in Australien und Europa untersucht wurden. Unsere beiden Referenten Justin Borevitz von der Australian National University und Malte Winkler vom CDR-PoEt sorgten für einen kontinentübergreifenden Austausch über agrarökologische Innovationen, die Entwicklung politischer Strategien und die Herausforderungen bei der Skalierung nachhaltiger CDR-Lösungen.
Justin Borevitz, Professor an der ANU Research School of Biology, beschäftigt sich mit regenerativer Landwirtschaft und der Überwachung von Innovationen in Australien. Er gab Einblicke in den Kohlenstoffhaushalt des Landes und hob die Rolle der regenerativen Landwirtschaft bei der Verbesserung der Kohlenstoffspeicherung in Böden und Vegetation hervor. In den letzten Jahren haben australische Landwirte agrarökologische Praktiken entwickelt, die sowohl das biologische Wachstum als auch die langfristige Kohlenstoffspeicherung fördern. In seinem Vortrag erwähnte er die Entwicklung hochauflösender Methoden zur Schätzung von Kohlenstoffsenken unter Verwendung von Fernerkundungs-, Modellierungs- und Felddaten. Diese fortschrittlichen Instrumente sind zwar vielversprechend, werden aber noch nicht in grossem Umfang in Kohlenstoffgutschriftensystemen eingesetzt, was eine Lücke zwischen Wissenschaft und Umsetzung aufzeigt. Schliesslich sprach Justin Borevitz auch das Potenzial der Verknüpfung von Carboncredits mit landwirtschaftlichen Exporten, wie Weizen und Rindfleisch, an.
👉Die Slides des ersten Beitrags können sie hier herunterladen
Im zweiten Beitrag präsentierte Malte Winkler, Senior Researcher des CDR-PoEt-Projekts, die Ergebnisse des CDR-PoEt-Projekts (Policy and Ethics) über die Reihenfolge der politischen Instrumente für die Ausweitung der CDR sowie über ethische Dimensionen zur Bewertung der politischen Massnahmen und der CDR-Umsetzung. Diese Dimensionen kombinieren Kriterien der Durchführbarkeit und des Wünschenswerten, die bei der Politikgestaltung und Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sind. Die Gewichtung und die genauen Faktoren, die nach diesen Dimensionen zu bewerten sind, hängen vom Kontext und dem Ziel einer zu bewertenden Massnahme ab. Ein zentraler Beitrag des Projekts ist ein Rahmen von 15 Leitfragen, mit denen CDR-Massnahmen anhand der Dimensionen Durchführbarkeit und Wünschbarkeit bewertet werden können. Zu diesen Dimensionen gehören auch ethische Überlegungen, die den Entscheidungsträgern bei der Entwicklung politischer Instrumente zur Kontrolle, Förderung und Regulierung von CDR als Orientierung dienen sollen. Schliesslich beinhalten die Leitfragen die Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Werte und Ziele in den Entscheidungsprozess und ermöglichen eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation von Entscheidungen.
👉die Slides des zweiten Betrags können Sie hier herunterladen.
Den vollständigen Policy Brief finden Sie unter:
👉 Holland-Cunz & Baatz (2025). „How Should Targeted Carbon Dioxide Removal Be Governed?“ 15 Leitfragen - Zenodo (EN)
In der Diskussion haben wir die Komplexität von zwei wichtigen Verbindungen zwischen den beiden Inputs untersucht:
- Dimension 10 zur Überwachung: Können zuverlässige Methoden angewandt werden, um die Auswirkungen der Politik zu messen und zu validieren?
Der von Justin vorgestellte Stand der Forschung zur Überwachung des Bodenkohlenstoffs wird noch nicht für die tatsächliche Kohlenstoffanrechnung angewandt. Die in der Praxis angewandten Überwachungsmethoden sind weniger ausgereift. Es ist bemerkenswert, dass eine verbesserte Methodik das Vertrauen in bestehende Projekte erschüttern kann, wenn sich herausstellt, dass ihre Kohlenstoffsenkenleistung wahrscheinlich geringer ist als ursprünglich behauptet. Dies verdeutlicht die Komplexität der Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung (MRV), insbesondere bei offenen Systemen wie in der Landwirtschaft.
- Dimension 5: Inklusive Entscheidungsfindung: Werden die potenziell betroffenen Gruppen und ihre Vertreter in den Entscheidungsprozess einbezogen, zum Beispiel durch partizipative Verfahren?
Malte erläuterte das Ideal eines global demokratischen Prozesses in der Politik zur Bekämpfung des globalen Klimawandels. In der Realität kann die Einbeziehung lokaler oder regionaler, direkt betroffener Interessengruppen bereits eine ehrgeizige Aufgabe sein, die mit politischen Diskursen und begrenzten Kapazitäten verbunden ist, wie das Beispiel der Einbindung von Landwirten (von Kleinbetrieben bis hin zu Grossbetrieben) und indigenen Gruppen in Bezug auf landwirtschaftliche Praktiken in Australien zeigt.
Schliesslich wurde in der Diskussion auch der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) angesprochen - eine europäische Politik, die nicht ausdrücklich für CDR konzipiert wurde, aber erhebliche indirekte Auswirkungen hat. Durch die Auferlegung kohlenstoffbezogener Handelsvorschriften könnte CBAM australische Agrarexporteure betreffen und Entscheidungen über Landmanagement und CDR-Strategien auch ausserhalb der EU-Grenzen beeinflussen. Dieses Zusammenspiel spiegelt den allgemeinen Trend zu klimabezogenem Protektionismus wider und wirft wichtige Fragen zu internationaler Fairness und Zusammenarbeit auf.
Erkunden Sie CBAM hier: Europäische Kommission - CBAM
Wir danken unseren Referierenden und Teilnehmenden für ihre wertvollen Beiträge und freuen uns auf die Fortsetzung dieses wichtigen Gesprächs.